Schnupfenzeit: Wenn grundsätzlich durchaus nützliche Arzneimittel bei falscher Anwendung gefährlich werden
Was liegt derzeit für unzählige „Rotznasen“ (Pardon, bin aber gerade auch eine) näher, als sich mit gängigen Präparaten aus der Apotheke Erleichterung zu verschaffen? Zum Beispiel mit einem Nasenspray, der den lästigen Fluss aus dem Riechorgan rasch zum Erliegen bringt? Kein Arzt wird im Normalfall gegen diese Selbsthilfe Einwände erheben.
Außer in folgendem Fall aus der Leserschaft, eine junge Frau betreffend: „Ich verwende seit rund vier Jahren einen abschwellenden Nasenspray. Ich habe zeitweise nachts Erstickungsanfälle und kann ohne dieses Mittel nicht mehr leben. Mein HNO-Arzt hat jedoch dringend geraten, damit aufzuhören, weil ich bereits abhängig sei. Kann das sein? Ich schaffe es einfach nicht! Was soll ich tun?“ Diese konkrete Anfrage an die „Sprechstunde“ von Krone-Gesund steht für viele weitere. Das Problem ist leider recht häufig.
Wir haben daher den Oberarzt Dr. Stefan Edlinger von der HNO-Abteilung des Klinikums St. Pölten um eine Stellungnahme gebeten: „Eine Abhängigkeit von abschwellenden Nasenpräparaten mit Wirkstoffen wie Xylometazolin oder Oxymetazolin wird medizinisch als Privinismus bezeichnet. Umgangssprachlich heißt es aber einfach ‘Arzneimittelschnupfen‘. Typischerweise werden diese Sprays bei akutem Schnupfen verschrieben bzw. sind in den Apotheken auch rezeptfrei erhältlich. Bei Anwendung ziehen sich die Blutgefäße der Nasenschleimhäute zusammen. Sie werden also enger, was die Durchblutung bremst. Auf diese Weise klingt die Schwellung der Schleimhäute rasch ab. Die Nase fühlt sich wieder frei an. Allerdings beeinflusst man damit natürlich die Infektion nicht. Es kommt daher auch nicht zu einer Verkürzung der Krankheitsdauer, sondern nur zu einer symptomatischen Erleichterung.
Gefahr: Durch die verringerte Durchblutung kann bereits nach rund einer Woche ein Schaden an der Schleimhaut sowie ein Gewöhnungseffekt auftreten! In der Folge verschlechtern sich die Symptome meistens und sind nur noch mit noch mehr Nasenspray zu bewältigen. Um das zu verhindern, sollten die Empfehlungen der Ärzte sowie die Warnhinweise in der Packungsbeilage dringend eingehalten werden! Im schlimmsten Fall können dauerhafte Schädigungen wie ein Loch in der Nasenscheidewand passieren. Dann hilft nur noch eine Operation. Erfahrungsgemäß fällt die Entwöhnung recht schwer. Reines Absetzen funktioniert nur mühsam. Ich rate, zunächst auf einer Seite zu beginnen, auf das Medikament zu verzichten. Zusätzlich können kortisonhaltige Nasensprays (unter ärztlicher Kontrolle) und Meersalz-Nasenspülungen entscheidend dazu beitragen, die Entzugssymptome zu lindern. Auch befeuchtende Nasensprays sind sehr hilfreich. Ist eine Seite entwöhnt, kann mit der zweiten Seite in gleicher Weise begonnen werden. Diese Prozedur erfordert leider einiges an Willenskraft und kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen.“
Dr. med. Wolfgang Exel
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