Man muss nur richtig damit umgehen
Warum Ohrenschmalz sogar gut ist: Ein HNO-Facharzt klärt im folgenden Bericht über recht häufige Fehleinschätzungen auf. Jede Umfrage würde ergeben, dass keiner Ohrenschmalz mag. Warum auch?
Es führt zu Schwerhörigkeit und schaut außerdem noch ekelig aus. Beides ist richtig, aber in irreführender Weise unvollständig, wie es vor Gericht heißen würde. HNO-Facharzt OA Dr. Stefan Edlinger würde mit seiner Verteidigung einen Prozess wohl gewinnen. Zunächst allerdings Grundsätzliches: Ohrenschmalz – auch Cerumen genannt – besteht aus Drüsensekret, Schmutz und Hautschuppen. Das Sekret stammt von Schweißdrüsen im äußeren Gehörgang und stellt neben kleinen Härchen einen wichtigen Schutzfaktor dar.
Dr. Edlinger erklärt die Nützlichkeit genauer: „Cerumen kleidet die gesamte Haut des Gehörganges als dünner Filmaus. Es dient der Pflege und Säuberung dieses empfindlichen Gewebes. Ohrenschmalz ist dafür verantwortlich, dass Schmutz, kleine Fremdkörper und Schuppen ständig nach außen befördert werden. Damit wird verhindert, dass ‘Eindringlinge‘ bis zum Trommelfell gelangen.“ Ein Helfer, der mehrere Aufgaben erfüllen muss. Doch damit hat diese allseits als lästig empfundene Absonderung seinen Job noch lange nicht erledigt.
Ohrenschmalz sorgt für ein saures Milieu
Dr. Edlinger: „Cerumen sorgt für ein saures Milieu in den Gehörgängen. Es bietet damit Schutz vor Infektionen durch Bakterien und Pilze, die sonst zu Entzündungen führen würden. Nach Erfüllung seiner Aufgaben verlässt dieser Helfer das Ohr freiwillig.“ Womit klar ist, dass es sich bei Ohrenschmalz nicht um eine Krankheit handelt. Auch nicht um mangelnde Hygiene, wie viele glauben. Dennoch werden die Ohren oft verstopft. Das passiert, wenn Cerumen im Gehörgang verklebt, austrocknet und verklumpt.
Dr. Edlinger über die verschiedenen Ursachen dafür: „Die produzierte Menge ist nicht immer gleich. Häufig produziert ein Ohr mehr als das andere. Ich entferne oft Cerumen nur aus einem Ohr, während das andere völlig frei ist. Die Gefahr der Bildung eines Pfropfens steigt allerdings mit dem Gebrauch von In-Ear-Kopfhörern, Ohrenstöpseln oder ganz besonders durch den Gebrauch von Wattestäbchen! Beim Schwimmen kann eindringendes Wasser vorhandenes Ohrenschmalz zum Quellen bringen. Ein Urlaubstipp: Vorher beim HNO-Arzt vorbeischauen . . .“
Vermeidung von Wattestäbchen
Auch das Alter spielt eine Rolle, wie der Mediziner ausführt: „Bei älteren Menschen verliert das Cerumen seine wachsartige Beschaffenheit. Dadurch trocknet es rascher und bleibt leicht erhaften.“ Dringende Warnung vor falscher Selbstreinigung. Damit Ohrenschmalz nicht vom Freund zum Feind wird, sollten einige einfache Ratschläge dienen. Zum Beispiel die Vermeidung von Wattestäbchen, die aufgrund der trichterförmigen Bauweise des Ohres kein optimales Werkzeug darstellen. Meistens wird Cerumen durch den Gebrauch nur noch tiefer in den Gehörgang geschoben, was die Entfernung erschwert.
Dr. Edlinger warnt vor unvorsichtigen Selbstreinigungsversuchen: „Ich erlebe immer wieder Entzündungen und Verletzungen, weil Stifte, Haarspangen, Büroklammern oder Schlüssel verwendet wurden. Besser: Das Ohrenschmalz aufweichen und so die Voraussetzungen für einen natürlichen Abtransport wieder herstellen.“ Dafür eignen sich am besten spezielle, in Apotheken erhältliche Öle. Aber auch Mandel- oder Olivenöl bzw. Salzwasser kann man benützen. Je länger die Einwirkzeit, desto größer der Effekt.
Tipp von OA Dr. Stefan Edlinger: „Mehrmals im Monat die Ohren in Seitenlage mit Ölen oder Salzwasser füllen und nach 5 bis 10 Minuten die Flüssigkeit auf ein Taschentuch herausrinnen lassen.“ Bei hartnäckigen Pfropfen bleibt der Gang zum Haus- oder Facharzt nicht erspart. Ist das Ohrenschmalz bereits verhärtet, hat es der Arzt leichter, wenn die Ohren bereits mit Öl vorbehandelt wurden. Auf jeden Fall sollte eine HNO Ordination aufgesucht werden, wenn plötzlicher Hörverlust auftritt.
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