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Veröffentlicht: 14.11.2024
Aktualisiert: 22.11.2024
Lesezeit: 5 min

Mit unserem Hörsinn beschäftigen wir uns meist erst dann, wenn er nachlässt. Warum unser Gehör mehr Aufmerksamkeit verdient und wie wir lernen, besser darauf zu achten, verrät Dr. Stefan Edlinger HNO Arzt.

Was hören Sie gerade, während Sie diese Zeilen lesen? Dumpfen Straßenlärm von draußen, das Poltern der Nachbarskinder über Ihnen, Vogelgezwitscher oder das Rauschen der Waschmaschine?

Es ist bedauerlich, dass wir unserem Gehör so wenig Aufmerksamkeit schenken, obwohl das wichtige Sinnesorgan ständig auf Empfang ist und maßgeblich dazu beiträgt, wie wir die akustische Welt um uns herum wahrnehmen.


Tatsächlich denken viele Menschen erst über die Gesundheit ihrer Ohren nach, wenn Probleme auftreten - ein Fehler, wie der Wiener HNO-Facharzt Stefan Edlinger betont. Er erklärt sich dieses Versäumnis so: "Unser Gehör ist ein Sinn, den wir oft als selbstverständlich ansehen. Im Vergleich zu anderen Sinnen, wie dem Sehsinn, scheint das Gehör oft weniger kritisch im täglichen Leben, bis es nachlässt. Dies kann daran liegen, dass viele Hörprobleme schleichend auftreten und wir uns an den Verlust anpassen, ohne es sofort zu bemerken."

Sogar im Schlaf ist unser wichtigstes Sinnesorgan wachsam

Geräusche, Musik, Töne, Stimmen - unsere Umgebung ist ständig von Klang erfüllt. Selbst im Schlaf bleiben unsere Ohren wachsam, um uns vor möglichen Gefahren zu warnen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Schallwellen um uns herum zu erfassen und sie durch den Gehörgang zum Trommelfell zu leiten. Im Mittelohr befinden sich drei winzige Knochen - Hammer, Amboss und Steigbügel-, die miteinander verbunden sind und Schwingungen des Trommelfells verstärken. Dadurch werden die Sinneshärchen der Haarzellen im Innenohr angeregt. Dies führt zur Erzeugung eines elektrischen Signals, das an das Gehirn weitergeleitet und dort schließlich als Sprache, Musik oder Umgebungsgeräusche interpretiert wird. Sind diese Haarzellen jedoch zerstört, kann nichts und niemand sie reparieren, schreibt der Mediziner und Psychologe Andreas Borta in seimem Buch "Ganz Ohr. Alles über unser Gehör und wie es uns geistig fit hält" (Goldmann). Daher ist es besonders wichtig, das Gehör bereits in jungen Jahren zu schützen, um Hörschäden so lange wie möglich zu vermeiden.

Wenn Sie Kopfhörer tragen, halten Sie sich an die 60/60-Regel: Nicht länger als 60 Minuten am Stück und die Lautstärke nicht über 60 Prozent des Maximalpegels einstellen!

Hören ist Lebensqualität: Haben Sie zu viel um die Ohren?

Wir wissen, dass Lärm - sei es durch laute Musik, im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz - negative Auswirkungen auf unser Gehör haben kann. Mediziner Stefan Edlinger warnt: "Lautstärken über 90 Dezibel können bei längerer Exposition zu Hörschäden führen. Je lauter der Lärm, desto kürzer die Zeit, die benötigt wird, um Schäden zu verursachen. Bei einem sogenannten Knalltrauma, wie etwa bei einem Schuss, kann bereits ein einziger Moment ausreichend sein, um die Haarzellen im Innenohr dauerhaft zu beschädigen." Der Facharzt empfiehlt das Tragen eines Gehörschutzes in lauten Umgebungen, die Begrenzung der Lautstärke beim Gebrauch von Kopfhörern sowie regelmäßige Hörtests. Neben Lärmbelästigung (sowohl beruflich als auch privat), genetischen Faktoren, dem individuellen Lebensalter, Infektionen, Medikamenteneinnahmen oder chronischen Erkrankungen wie Diabetes können auch Rauchen, ungesunde Ernährung und mangelnde Hygiene der Ohren die Gesundheit des Gehörs beeinträchtigen, warnt der Experte (Dr. Stefan Edlinger Facharzt für Hals Nasen Ohrenheilkunde).


Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leidet jeder fünfte Mensch an Hörproblemen, wobei bei den über 50-Jährigen sogar jeder Vierte betroffen ist. Der Facharzt erklärt: "Oft bemerkt man ein Nachlassen des Gehörs an Schwierigkeiten beim Verstehen von Gesprächen, insbesondere in lauten Umgebungen oder bei Hintergrundgeräuschen. Hier besteht eine große Gefahr des sozialen Rückzugs und der Isolation, da viele diese Situationen meiden. Auch das ständige Erhöhen der Lautstärke von Fernseher oder Radio kann ein Anzeichen sein."


Studien zeigen, dass unbehandelte Schwerhörigkeit das Risiko für Depressionen stark erhöht. Gleichzeitig sind etwa zehn Prozent der Demenzfälle auf Schwerhörigkeit zurückzuführen, da bestimmte Teile des Gehirns nicht ausreichend genutzt werden. Deshalb ist wichtig, regelmäßig einen Hörtest durchführen zu lassen: „Je früher ein Hörverlust erkannt und richtig behandelt wird, desto besser sind die Chancen, die Lebensqualität aufrechtzuerhalten. Heutzutage stehen uns für nahezu jeden Grad von Hörverlust verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung", beruhigt der Experte.

Hörprobleme nehmen auch bei jungen Menschen zu

So gut wie bei der Geburt hören wir nie wieder im Leben, da der Verschleiß im Innenohr bereits mit unserem ersten Atemzug beginnt. Bei familiärer Vorbelastung und Risikofaktoren wie z. B. nach Ohrenentzündungen (auch bei Kindern) sowie bei Symptomen wie Hörverlust, Tinnitus oder Schwindel sollte man stets einen HNO-Facharzt konsultieren. In seiner Praxis beobachtet der Arzt zunehmend jüngere Menschen, die unter Hörproblemen leiden. „Hauptursachen sind Lärmbelastungen durch laute Musik, insbesondere durch Kopfhörer, sowie Lärm am Arbeitsplatz und in der Freizeit, wodurch unseren Ohren die nötige Zeit zur Erholung und Regeneration fehlt.“ Für passionierte Kopfhörer-Träger*innen empfehlen Ohrenärzte die 60/60-Regel: Die Geräte sollten nicht länger als 60 Minuten am Stück getragen und die Lautstärke nicht über 60 Prozent des Maximalpegels eingestellt werden.


Altersbedingte Schwerhörigkeit beginnt mit der Abnahme der Hörfähigkeit von hohen Frequenzen und betrifft früher oder später jede*n von uns, „Im Allgemeinen nimmt das Hörvermögen bei Männern schneller ab als bei Frauen, was wahrscheinlich auf eine höhere Lärmbelastung am Arbeitsplatz sowie genetische Faktoren zurückzuführen ist“, sagt der Facharzt für Hals Nasen Ohrenheilkunde.


Während Männer tieffrequenten Schall besser wahrnehmen, sind es bei Frauen die hohen und leisen Töne. Zudem haben Frauen eine größere Empfindlichkeit gegenüber Lautstärke. In lauten Umgebungen wie Großraumbüros oder auf Partys fällt es ihnen oft schwerer, Gesprächen zu folgen und Stimmen zu lokalisieren. Der Grund: Beim weiblichen Geschlecht ist das Richtungshören störanfälliger. Bei zusätzlichen Hörproblemen im Alter sollte man über die Nutzung eines Hörgeräts nachdenken. „Dieses wird empfohlen, wenn der Hörverlust die Kommunikation und den Alltag beeinträchtigt. Die Auswahl hängt von der Art und dem Grad des Hörverlustes, der Lebensweise und den individuellen Vorlieben ab. Hörgeräteakustiker*innen helfen dabei, das passende Gerät zu finden", so Edlinger (HNO Arzt in Wien). Mittlerweile gibt es sogar Geräte, die speziell an das weibliche Gehör angepasst werden.


Die neuen Modelle haben jedenfalls nichts mehr mit den klobigen Hörgeräten vergangener Generationen gemein und sind sogar schicker als manche In-Ear-Kopfhörer.

Fünf Tipps: So fördern Sie ein gesundes Gehör

1. Aufmerksam zuhören

HNO-Ärztinnen und -Ärzte empfehlen, regelmäßig Hörbücher oder Podcasts zu hören und dabei die Lautstärke besonders leise einzustellen. Wenn das Zuhören in einer ruhigen Umgebung gut funktioniert, kann man auch Störgeräusche (Waschmaschine, Straßenlärm) bewusst zulassen.

2. Hörreize schaffen

Stimuliert den Hörnerv: sich selbst öfter laut vorlesen! Auch selbst erzeugte ASMR-Geräusche („Autonome sensorische Meridianreaktionen”) wie das Klimpern mit dem Wohnungsschlüssel oder das Rascheln von Papier können den Hörnerv anregen.

3. Geräusche unterscheiden

Begeben Sie sich an einen Ort mit moderater Geräuschkulisse (wie Park oder Balkon). Für einige Minuten mit geschlossenen Augen den Klängen lauschen, die einem ins Ohr dringen — Hundegebell, Kinderlachen — und dabei besonders auf leisere Hintergrundgeräusche achten. Auf diese Weise kann man sein Unterbewusstsein trainieren, auch feinere akustische Reize wahrzunehmen.

4. Stress abbauen

Stress ist einer der Hauptfaktoren, die zu Hörstörungen führen können. (Kurze) Auszeiten, ausreichend Schlaf und Entspannungsübungen wie Yoga, Tai-Chi, progressive Muskelentspannung und Atemübungen helfen dagegen.

5. Musik hören

Ob live, über die Stereoanlage oder mit Kopfhörern: Musik senkt Blutdruck und Puls und sensibilisiert zudem unser Hörzentrum. Dieses kann man trainieren, indem man sich zum Beispiel auf einzelne Instrumente konzentriert oder besonders genau auf Übergänge und Refrains achtet.

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