Zwischen unentdeckter Alltagsbelastung und Therapiefortschritt

Allergische Rhinitis und Konjunktivitis

Veröffentlicht: 14.11.2024
Aktualisiert: 14.11.2024
Lesezeit: 6 min

Die allergische Rhinitis und Konjunktivitis sind nicht nur weitverbreitete Erkrankungen, sondern auch faszinierende Herausforderungen in der täglichen medizinischen Praxis. Sie sind oft unterdiagnostiziert und häufig bagatellisiert. Nicht selten vergehen Jahre, bis allergische Beschwerden der richtigen Diagnostik und Therapie zugeführt werden.

Bis zu 25 % der Österreicher:innen sind im Laufe des Lebens von einer allergischen Rhinitis und Konjunktivitis betroffen. Die allergische Rhinitis ist durch eine IgE-vermittelte Entzündungsreaktion der Nasenschleimhaut auf Allergene charakterisiert. Analog dazu manifestiert sich die allergische Konjunktivitis im Bereich der Augenbindehaut.

Symptomatik und Allergene

Schlüsselprozesse sind die Sensibilisierung gegenüber Allergenen und die darauffolgende Freisetzung von Histamin und anderen Mediatoren aus Mastzellen. Dies löst die typischen Symptome wie Juckreiz, Rhinorrhö, gereizte Augen oder Niesattacken aus. Etwa 60 % aller Allergiker:innen reagieren zusätzlich auch auf unspezifische Reize, wie etwa Rauch – dies wird nasale Hyperreaktivität genannt.

Die häufigsten Auslöser in Österreich sind Gräserpollen, Birkenpollen und Hausstaubmilben. Unterschieden wird zwischen perennialen(z. B. durch Hausstaubmilben)und saisonalen (z. B. durch Gräser, Birkenpollen) Allergien. Dies ist wichtig, da perenniale Allergienhäufig keine „typischen“Allergiesymptome verursachen. Das Risiko, im Krankheitsverlauf ein Asthma zu entwickeln, ist gegenüber Nichtallergiker:innen 3-fach erhöht. Eine nichttherapierte allergische Rhinitis ist nicht nur ein gesundheitliches Problem, sondern führt oft auch zu Einschränkungen der Lebensqualität und/oder Leistungsfähigkeit.

Diagnostik

Grundlegend für die Diagnostik ist eine zielgerichtete Anamnese. Von großer Bedeutung sind u. a. Fragen nach Dauer und Zeitpunkt des Auftretens der Beschwerden. HNO-Ärzt:innen steht zusätzlich die Nasenendoskopie zur Verfügung. Klassische Anzeichen wie u. a. eine ödematöse, geschwollene, livide Nasenschleimhaut können gesehen werden. Bei positiver Anamnese sollte immer ein Hauttest (Skin-Prick- Test) sowie wenn nötig, ein laborchemischer PRIST und RAST durchgeführt werden. Beim PRIST wird die Gesamtkonzentration von IgE im Blut, beim RAST spezifische IgE-Antikörper gegen bestimmte Allergene gemessen.


Wichtig ist: Antihistaminika sowie kortisonhaltige Salben und Cremes sollten 72 Stunden vor einer geplanten Testung pausiert werden. Die Auswahl der Hauttest-Allergene erfolgt individuell anhand der Anamnese. Beurteilt werden Hautrötung und Quaddelgröße. Die Diagnose der allergischen Rhinitis ist erst gesichert, wenn mindestens 2 typische Allergiesymptome und ein positives Testergebnis zu finden sind. Ansonsten wird von einer Sensibilisierung gesprochen. Ein Prick-Test kann in beinahe jedem Alter erfolgen, da er praktisch schmerzfrei ist. Seit wenigen Jahren sind zusätzlich Allergenchip-Systeme verfügbar. Hiermit können aus geringen Mengen Serum Sensibilisierungen auf bis zu 300 Allergene nachgewiesen werden.

Therapie

Die aktuelle Therapie der allergischen Rhinitis und Konjunktivitis umfasst mehrere Ansätze, die auf die Symptomlinderung und die Kontrolle der allergischen Reaktion abzielen. Ein wichtiger erster Schritt ist die Allergenkarenz, wobei eine vollständige Vermeidung oft schwierig ist.


In der Pharmakotherapie spielen Antihistaminika eine zentrale Rolle. Diese Wirkstoffe blockieren die Effekte von Histamin und lindern somit Juckreiz, Niesen und Rhinorrhö. Intranasale Kortikosteroide reduzieren die nasale Entzündung effektiv. Seit dem letzten Leitlinienupdate werden rasch wirksame und effektive Kombinationspräparate vermehrt für die Behandlung der allergischen Rhinitis empfohlen.


Diese Effekte konnten für Kombinationspräparate aus einem intranasalen Steroid und einem intranasalen Antihistaminikum gezeigt werden. In 95 % der Fälle konnte in den ersten 7 Tagen nach Therapiebeginn eine Symptomkontrolle der nasalen Beschwerden gezeigt werden. Es gibt einige Studien, die auf eine potenzielle indirekte Wirkung von Nasensprays auf die allergische Konjunktivitis hinweisen. Patient:innen, die mit einem oralen Antihistaminikum allein beschwerdefrei sind, sollten diese Therapie nicht anpassen. Mastzellstabilisatoren, zum Beispiel Cromoglicinsäure, kommen vorwiegend bei der Behandlung konjunktivaler Symptome zum Einsatz. Hier können bei Beschwerdepersistenz auch steroidhaltige Augentropfen kurzfristig eingesetzt werden. Abschwellende Nasensprays und systemische Kortikosteroide haben keinen Stellenwert mehr.


Die dritte Säule ist die spezifische Immuntherapie. Durch die schrittweise Zufuhr zunächst steigender Allergenmengen wird das Immunsystem von Gabe zu Gabe mehr desensibilisiert. Dies führt in etwa 60–70 % der Fälle zu einer langfristigen Symptomreduktion und möglicherweise zu einer dauerhaften Toleranzentwicklung gegen das verabreichte Allergen. Diese Therapieform, durchgeführt als subkutane Immuntherapie (SCIT) in Form von Injektionen oder als sublinguale Immuntherapie (SLIT), erfordert eine sorgfältige Überwachung und eine individualisierte Auswahl der Allergene. Mehr als zwei Allergene zeitgleich anzugehen, wird nicht empfohlen.

Wissenswertes für die Praxis

  • Die Allergenkarenz, wenn diese möglich ist, hat einen hohen Stellenwert.
  • Allergiker:innen haben durch Symptome wie Juckreiz, rinnende oder verstopfte Nase und gereizte Augen häufig große Einschränkungen ihrer Lebensqualität.
  • Das Risiko, an Asthma zu erkranken, ist für Allergiker:innen um das 3-Fache erhöht.
  • Ein positives Testergebnis ohne Symptome ist noch keine Allergie, sondern deutet auf eine allergische Sensibilisierung hin.
  • Raschwirksame Präparate (Antihistaminika, intranasale Steroide) sind zu bevorzugen.

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